Viscri: ein kleines, malerisches Dorf im rumänischen Siebenbürgen. Schulter an Schulter drängen sich Höfe mit farbenfroh getünchten Mauern aneinander, neben jeder Tür eine kleine Bank fürs nachbarliche Schwätzchen. Auf der Grünfläche dazwischen grasen Pferde, erfrischen sich an den Tränken, Hühner und Gänse ziehen gackernd und zeternd in Grüppchen einher. Ländliche Idylle pur—aber hinter den bunten Fassaden verbirgt sich auch viel Armut und Not.
350 Menschen leben in diesem Dorf; dazu kommen ca. 6000 Besucher pro Jahr. Aber am Tourismus verdient nur eine Handvoll Familien. Die anderen sind kleine Landwirte, können gerade so überleben mit dem, was sie sich hart erarbeiten. „Luxusgüter“ wie Kaffee, Schokolade, Handcreme sind für sie eine besondere Überraschung: Das ist nicht zu übersehen an den strahlenden Gesichtern, als sie unsere Weihnachtspäckchen in Empfang nehmen, dem ständig wiederholten, freudigen “Bine, bine, mulţumin! Mulţumin frumos! Crăciun fericit! Möge es Gott euch vergelten!”
An einem sonnigen, milden Tag im Dezember sind wir hier zu Besuch, die Freunde aus Deutschland, die „ihren Päckchen“ aus der Helping Hands Weihnachtspäckchenaktion hinterhergeflogen sind und nun vor Ort miterleben dürfen, wie diese Päckchen echte Freude und Wertschätzung vermitteln. 864 Päckchen aus ganz Deutschland konnten dieses Jahr im Weihnachtstransport versandt werden; 500 Päckchen spenden in bulgarischen Bergdörfern Weihnachtsfreude, der Rest wird in Rumänien an bedürftige Familien und ältere Menschen verschenkt, vornehmlich in Sighişoara, Ţigmandru, Viscri und Buneşti. Nach Besuchen in Sighişoara und Ţigmandru stehen heute Viscri und Buneşti auf dem Programm; Ehepaar Ludu nimmt uns dort herzlich in Empfang. Seit einigen Jahren bieten sie in Viscri Programme für Kinder und jetzt auch für Erwachsene an und kümmern sich auf eindrucksvolle Weise um die Familien des Dorfes und deren Bedürfnisse. Den ganzen Tag über können wir beobachten, wie sehr die Ludus von den Dorfbewohnern geschätzt werden.
Nachdem die Päckchen in Herr Ludus altem Dacia verstaut sind, ziehen wir los: wandern von Hof zu Hof, übergeben Päckchen, dürfen beobachten, wie auf den Gesichtern der Menschen die Alltagssorge der Überraschung und die Überraschung der Freude weicht. Manche der Beschenkten sind ältere Frauen und Männer, die mit gutmütiger Gelassenheit den unerwarteten Besuch willkommen heißen, andere sind junge Familien mit schüchtern lächelnden oder auch mal verschmitzt grinsenden Kindern.
In einer Straße, in der überwiegend Roma-Familien wohnen, werden wir in eine Wohnung gebeten, bescheiden eingerichtet, aber makellos sauber; eine junge Frau bietet uns Fanta an. Ihr kleiner Sohn ist vom Päckchen absolut fasziniert, muss es erst einmal umarmen, springt dann um seine Eltern, kehrt zum Päckchen zurück und wirft die kurzen Arme darüber, lacht vergnügt. “Das ist aber auch für deine Mama und deinen Papa!”, ermahnt Frau Ludu. Der kleine Junge grinst und hält das Päckchen noch ein bisschen fester.
Ein paar Türen weiter treffen wir die kleine Teresa mit ihrer Schwester und ihrer Mutter. Als das Päckchen übergeben wird, schnappt sie es sich sofort und rennt damit, fröhlich lachend, zu ihrer Haustür: So ein Schatz muss sofort in Sicherheit gebracht werden!
Im letzten Haus der Straße wohnt eine junge Frau, die für ihre kranke Tante sorgt. Im vergangenen Jahr hat das Mädchen einige Monate in Deutschland gearbeitet; die Sprache beherrscht sie schon gut. Wir bleiben ein Weilchen bei ihr und unterhalten uns, staunen über die Dankbarkeit und den Frieden, den diese junge Frau ausstrahlt, trotz der widrigen Umstände, in denen sie lebt. Und auch eine bemerkenswerte Zuversicht zeichnet sie aus: Im Januar möchte sie zurück nach Deutschland, um Geld zu verdienen, damit sie im Herbst ein Studium beginnen kann. So viel Hoffnung im letzten Haus des Ortes!
Während wir durchs Dorf zurück zum Haus der Ludus spazieren, sind wir selbst ermutigt, von dieser Hoffnung, von der Freude und Zufriedenheit, der ehrlichen Dankbarkeit, die uns an diesem Tag so großzügig entgegengestrahlt sind. Ein unscheinbares Päckchen mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln—aber es enthält so viel Weihnachtsfreude, dass es Nehmer und Geber gleichermaßen zu Beschenkten macht.
Seit etlichen Jahren entsendet Helping Hands allweihnachtlich Hilfstransporte nach Rumänien und Bulgarien. Die Weihnachtspäckchen, gefüllt mit allerlei Lebensmitteln und Hygieneartikeln, werden an bedürftige Kinder, Familien und ältere Menschen verteilt und sind oft das einzige Geschenk, das diese Menschen erhalten. Auch in diesem Jahr haben sich zahlreiche Einzelpersonen und Familien im Main-Kinzig-Kreis und ganz Deutschland an der Weihnachtspäckchenaktion beteiligt. Im Namen aller Beschenkten bedanken wir uns für diesen Einsatz!