Integratives Kinderzentrum jetzt im vierten Jahr
„Das ist meine Kuh ‚Mali‘ – und ich bin ihre Mutter!“ Roti Maya lacht übers ganze Gesicht, während sie ihrer Kuh über den breiten Rücken streicht. „Sie versteht alles, was ich sage. Wenn sie brüllt und ich ihren Namen rufe, dann beruhigt sie sich. Ich liebe sie sehr!“ Sie hebt einige Blätter auf, entfernt die harten Stiele, hält dem Tier das Grün hin. „Durch unser Projekt hatte ich acht junge Büffel bekommen. Einen hat leider ein Tiger gerissen. Aber die anderen hab ich großgezogen und verkauft, und dann diese Milchkuh und drei Ziegen gekauft.“ Ein oder zwei Liter Milch spart sie täglich für ihre Kinder auf, der Rest wird verkauft. Mit diesem Einkommen kann Roti Maya eine gute Ausbildung für die Kinder bezahlen; bald ist auch genügend gespart für eine zweite Kuh. „Die hab ich auch schon kennengelernt, und bald gehört sie mir!“ erzählt Roti Maya lachend.
Ein geregeltes Einkommen, Ertrag von Viehzucht und Küchengärten für eine bessere Ernährung, eine ordentliche Ausbildung für die Kinder – das sind nur ein paar der Ziele des integrativen Kinderzentrums in Piluwa in der südlichen Ebene Nepals. Dabei beinhaltet die Förderung der Kinder neben Hausaufgabenhilfe auch das nötige Schulmaterial, nahrhafte Mahlzeiten, Hygiene und alles was sie sonst noch brauchen, um sich ganzheitlich positiv zu entwickeln. Die Förderung der Familien hat zum Ziel, dass das Einkommen so verbessert wird, dass sie langfristig für ihre Kinder besser sorgen können – durch Selbsthilfegruppen, verbesserten Gemüseanbau, verbesserte Viehzucht oder alternative Einkommenserwerbe: wie zum Beispiel der kleine Laden von Chandramaya, in dem die Großmutter so ziemlich alles anbietet, was man hier im Alltag braucht, von Puffreis über Zahnbürsten bis hin zu Batterien.
Inzwischen ist das Projekt im vierten Jahr, und daher konnten schon viele Veränderungen beobachtet werden. Wenn man von Haus zu Haus geht, Läden und Teestuben erkundet, Ziegen, Büffel und Schweine trifft und vor allem viele motivierte Mütter, Großmütter und Väter kennenlernt, dann besteht bald kein Zweifel: Piluwas Zukunft nimmt Form an!
Das gilt auch für Samjhana. Als ihr Mann sie verließ, wusste Samjhana nicht, wie sie alleine für ihren kleinen Sohn und die Eltern sorgen sollte. Sie begann, mit einer kleinen fahrbaren Teestube aus Holz ein geringes Einkommen zu verdienen. Das ging ein paar Jahre so. In der Selbsthilfegruppe fand sie viel Unterstützung und erhielt schließlich aus der Gruppe ein Darlehen zu einem guten Zinssatz. Mit diesem Geld und dem Einkommen aus der Teestube konnte sie ein richtiges kleines Haus aus Beton bauen, dass sie als Gasthaus führt; „Hotel“ nennt sie es. Jetzt kann sie jeden Tag einen kleinen Betrag sparen, und hat noch große Pläne für die Zukunft: „Dieses Geschäft macht mir viel Spaß. Ich möchte das Hotel noch erweitern und eine weitere kleine Hütte mit Gästezimmern bauen und Übernachtungen anbieten. Und natürlich möchte ich sparen für die Ausbildung meines Sohnes, und auch für Gesundheitsvorsorge.“ Mit ihrem Einkommen kann sie Sohn und Eltern gut ernähren. „Ich wünsche mir, dass es für meinen Sohn mal einfacher sein wird als für mich. Ich bin überzeugt, dass er sich zu einem guten Menschen entwickeln und viel erreichen wird.“
Direkt gegenüber von Samjhanas Gasthaus ist das Gebäude, in dem das Kinderzentrum stattfindet. Jeden Morgen und jeden Nachmittag erschallt die Gegend von Kinderlachen – die meisten Kinder kommen zweimal am Tag, so wohl fühlen sie sich hier. Die zwei Lehrer kümmern sich hingebungsvoll um jedes Kind; inzwischen kommen auch einige ältere Kinder, die bereits vom Kinderzentrum „graduiert“ haben, um ehrenamtlich zu helfen. „Wir müssen unsere Kinder nie daran erinnern, dass jetzt Zeit fürs Kinderzentrum ist“, berichten die Eltern. „Sie gehen alle automatisch hin, weil sie so gerne dort sind!“ Und das liegt sicherlich nicht nur an der nahrhaften Mahlzeit, die die Kinder dort bekommen. „Das Kinderzentrum ist ein sicherer Ort für sie, ein Zufluchtsort“, erklärt ein Lehrer. „Und die Eltern sind auch sehr froh zu wissen, dass die Kinder hier sind und sich um sie gekümmert wird.“
Alle Familien, die zum Piluwa Kinderzentrum gehören, sind sich einig: Diese tolle Sache muss weitergehen! Aber wie? Kontinuierliche Förderung von außerhalb ist weder nachhaltig noch wünschenswert, da ein zentrales Ziel des Projektes ist, die Unabhängigkeit und Eigeninitiative der Menschen zu stärken. Deshalb sind integrative Kinderzentren von Anfang an darauf ausgelegt, früher oder später – je nach lokaler Situation – finanziell und strukturell selbsttragend zu werden.
Und da ist Piluwa schon auf einem sehr guten Weg! Denn das Projektteam, die Leitungsteams der beiden Selbsthilfegruppen und auch die Familien sind sehr motiviert, das Projekt langfristig selbst weiterzuführen. „Wir werden uns gegenseitig helfen und selbst unsere Bedürfnisse erfüllen und werden keine Unterstützung von anderen mehr brauchen!“, betont eine Mutter. „Unsere Kinder werden sehr talentiert und ehrlich sein und für ihre Familie und Dorfgemeinschaft Verantwortung übernehmen – das ist mein Traum!“
Und die Leiterin der Selbsthilfegruppe ergänzt: „Ich träume, dass wir nicht nur keine Unterstützung von anderen mehr brauchen, sondern dass stattdessen wir anderen Unterstützung geben können, und dass durch uns und unsere Gruppen vielen Menschen geholfen werden kann!“
Eine etwas zu idealisierte Vision der Zukunft? Vielleicht. Aber genau diese Zukunft nimmt in Piluwa Form an.
Lesen Sie auch die früheren Beiträge zu diesem Kinderzentrum:
Ein Herz für Piluwa
Eine Zukunft für Piluwa
Wenn Sie dazu beitragen möchten, dass Piluwas Zukunft noch weiter Form annimmt, dann spenden Sie mit Vermerk „Integrative Kinderzentren Nepal“ (zum allgemeinen Online-Spendenformular; zum Formular für Integrative Kinderzentren).