Ermutigende Erfolgsgeschichten aus dem Großprojekt in Mongla, Bangladesch
Ein weiteres Jahr ist vergangen in Mongla im südwestlichen Küstengebiet von Bangladesch, und wir stehen wieder am Flussufer. Dasselbe Flussufer wie vor ein, vor zwei Jahren – und eben doch nicht dasselbe. Wieder hat der Fluss mehrere Meter Land gefressen. Die Familien, die mal ein ordentliches Stück Land viele Gehminuten vom Fluss entfernt hatten, wohnen jetzt am Ufer und schauen zu, wie das Wasser Monat für Monat ihr Land verschlingt, bis nichts mehr übrig ist.
Und trotzdem – die Menschen geben nicht auf. Sichern beim Sturm ihre Hütten, züchten Hühner und Ziegen, lernen neue Fertigkeiten, sodass sie auch noch ein Einkommen verdienen können, wenn Fischteiche und Gemüsegärten im Fluss verschwunden sind.
Um ausreichende Vorsorgemaßnahmen für den Katastrophenfall und eine funktionierende Anpassung an die geänderten klimatischen Bedingungen – darum geht es in diesem Großprojekt, das wir seit Herbst 2021 mit finanzieller Förderung der Bundesregierung hier in Mongla unterstützen, und das jetzt in die Endphase läuft. Dabei wurden die Maßnahmen im Frühjahr ordentlich auf die Probe gestellt: Wirbelsturm „Remal“ hat gezeigt, was bei der Katastrophenvorsorge funktioniert und was noch verbesserungswürdig ist.
Die Berichte, die wir hören, als wir im Rahmen einer Projektreise in Mongla von Haus zu Haus ziehen, machen Mut. Da ist zum Beispiel Minoti, deren Hühner- und Entenzucht wir letztes Jahr bestaunen durften. Diese Geflügelzucht hat sie ausgebaut, dann mit ihrem Einkommen und einem Darlehen aus der Selbsthilfegruppe eine Kuh gekauft, inzwischen hat sie schon vier Kühe, die in einem ordentlichen Stall untergebracht sind. Minoti ist Witwe, aber mit ihrem Einkommen kann sie nun ihre zwei Kinder gut versorgen. Im Wirbelsturm hat sie fast nichts verloren – ihr Vieh hatte sie in Sicherheit gebracht, das Haus ordentlich gesichert; nur ein kleines Stück Dach musste sie erneuern und den Garten neu aussäen. Sogar das in dieser Gegend ewig-präsente Trinkwasserproblem hat sie gelöst, indem sie sich hinter die Hütte einen großen, betonierten Wasserspeicher gebaut hat. Minoti – fleißig, innovativ, motiviert, freundlich und selbstständig – ist eine große Ermutigung für ihre Nachbarn und Freunde, denn nichts motiviert so sehr wie ein gutes Beispiel!
Leider gibt es auch viele, die im Sturm sehr viel verloren haben, teils weil sie nicht genügend Vorsorgemaßnahmen umgesetzt hatten, manchmal auch einfach, weil sie an der falschen Stelle wohnen. Aber auch hier werden in Gesprächen zwei Dinge deutlich: einerseits, dass den Menschen bewusst ist, welche Nachbarn besser vorbereitet waren, und sie das nachahmen möchten, und andererseits, dass zwar viel Hab und Gut verloren ging, das erlernte Wissen aber weiterhin besteht – die Mehrzahl der Personen, die Viehzucht oder kleine Unternehmen im Zyklon verloren haben, haben bereits neu begonnen oder planen es noch vor Ende des Jahres.
Und immer wieder treffen wir auf beeindruckende Beispiele von Innovation, Kreativität und ersten großen Erfolgen.
Labuni aus Chandpai hat im Rahmen des Projektes ein „Market Development Training“ besucht; jetzt verkauft sie mit ihrer Häkelgruppe inzwischen über Facebook bis nach Dhaka; ein Händler exportiert ihre Ware sogar. Ihre kreativen Ideen sorgen dafür, dass die Nachfrage nicht abnimmt. 25 Frauen verdienen so durch Häkeln ein Einkommen, und Labuni sucht ständig nach weiteren, weil sie so viele Aufträge bekommt; u.a. bietet sie auch Kurse an, sodass weitere Frauen die Fertigkeiten erlernen können.
Protap in Chila hat seine Krabbenzucht so erfolgreich ausgebaut, dass er jetzt monatlich 30.000 Taka (ca. 250 EUR) netto verdient; letztes Jahr waren es noch 20.000 Taka; ohne den Zyklon hätte er vermutlich schon 35.000 Taka erreicht. Auch seine Ware wird ins Ausland exportiert. Früher konnte er durch Fischzucht seine sechsköpfige Familie so gerade eben ernähren. Seit er im Projekt die Schulungen zur Krabbenzucht mitgemacht hat und umgestiegen ist, geht es ihnen richtig gut; ein ordentliches Haus konnte er bauen, und hat sogar etwas Erspartes auf der Bank.
Tohomina, eine der Ärmsten in der Zielgruppe, strahlt übers ganze Gesicht, als wir zu Besuch kommen. Letztes Jahr ging es ihr noch richtig schlecht, die Hütte war am Zerfallen, das magere Einkommen reichte für nichts. Aber dank der stetigen Bemühungen des Projektteams wohnt Tohomina mit Mann und zwei kleinen Kindern jetzt in einer ordentlichen Hütte – die Nachbarn halfen ihr beim Bau – die auch beim Zyklon stehenblieb. Gemüse und Geflügelzucht liefen gut bis zum Sturm, aber trotz der Verluste ist Tohomina jetzt voller Zuversicht; man kann ja schließlich immer wieder neu anfangen, wenn man die nötigen Kenntnisse hat.
Am letzten Nachmittag lernen wir noch Rituparna kennen, die hervorragend Englisch kann und deren künstlerische Fähigkeiten uns sprachlos machen: u.a. selbst entworfener Schmuck und individuell bemalte Taschen von einer Qualität, die auch auf dem deutschen Markt problemlos verkauft werden könnten. Bisher hat sich Rituparna ihren eigenen Markt noch nicht so richtig erschlossen; sie verkauft zwar über Facebook, aber die Einnahmen sind im Vergleich zur Qualität gering. Doch ein enormes Potential schlummert hier – und wieder sind wir beeindruckt, dass Rituparna dabei nicht sich selbst im Blick hat, sondern sich vor allem bessere Chancen für die Mädchen wünscht, denen sie ihre Künste weitervermittelt.
Schlussendlich ist eine der Erkenntnisse unseres Besuches: Mit der richtigen Kenntnisvermittlung und langfristiger Begleitung und Ermutigung können vor allem die Grundlagen verändert werden, sodass Menschen auch bei Rückschlägen oder in schwierigen Situationen nicht aufgeben, sondern mit Zuversicht weitermachen oder Neues beginnen, denn sie wissen: Wir können das schaffen, denn wir haben es schon einmal geschafft!
Dieser Reisebericht konzentrierte sich auf den Aspekt des Projektes, der zum Ziel hat, den Familien alternative Einkommensmöglichkeiten zu vermitteln, sodass sie trotz Katastrophen und Klimawandel ihre Familien ernähren können. Ein weiterer Bericht wird sich spezifisch auf die verschiedenen Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge auf Haushalt- und Dorfebene beziehen.
Hier finden Sie ein kurzes Erklär-Video zu diesem Projekt.
Dieses Projekt wird zu 75% vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert; Helping Hands e.V. muss einen Eigenanteil von 12,5% aufbringen (ca. 32.000 EUR). Wenn Sie die Familien in Chila und Chandpai (Mongla) im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels unterstützen möchten, spenden Sie bitte mit Vermerk „Mongla“.