Neues Schulungsprogramm im Kariobangi-Slum in Kenia schafft nachhaltige Veränderung
„Unser Fazit: Dieses Kleinstunternehmen-Schulungsprogramm für die Mütter war die beste Idee überhaupt. Es hat ein selbstständiges, selbstbewusstes und sehr motiviertes Team von Frauen hervorgebracht. Ihre Zukunft, die bisher nur düster war, ändert sich jetzt drastisch. Auch das Leben ihrer Kinder hat sich verändert. Sie besuchen die Schule und Colleges, manche sogar die Universität.“
Der Alltag im Kariobangi-Slum in Nairobi, Kenia, ist alles andere als einfach – vor allem für Mütter. Polygamie ist hier normal, und meist werden die Frauen dann mit ihren Kindern sitzengelassen. Aus Verzweiflung nehmen sie unwürdige „Arbeit“ an – sie betteln auf der Straße, verkaufen illegalen Alkohol, bieten Sex gegen Bezahlung. Das reicht in der Regel nur fürs nackte Überleben, und die Kinder haben keine Chance, sich gesund zu entwickeln oder zur Schule zu gehen.
„Ich bin eine alleinerziehende Mutter, mein Mann verließ mich für eine andere Frau“, beschreibt Caroline ihre Erfahrung. „Zu der Zeit habe ich gerade unser jüngstes Kind gestillt und hatte keinen Job. Unser Vermieter war gnadenlos und hat uns ausgesperrt. Meine Kinder mussten alle mit der Schule aufhören, weil ich kein Geld hatte.“
Die Frauen zu bevollmächtigen und somit eine ganze Familie und die Zukunft der Kinder zu „retten“, das ist das Ziel des Schulungsprogramms, das die Arche-Schule im Kariobangi-Slum startete. Die Arche-Schule dient den Familien hier seit einem Vierteljahrhundert und hat schon Hunderten von Kindern eine ausgezeichnete Bildung und einen hoffnungsvollen Start ins Erwachsenenleben ermöglicht.
Während der Corona-Pandemie wurde klar, dass auch die Familien noch intensiver unterstützt werden müssen, um ein gesundes Umfeld für die Kinder zu ermöglichen. Damals wurde schon ein kleines Schulungsprogramm für 15 Frauen durchgeführt, von denen 12 noch aktiv ihre Geschäfte betreiben. Im Frühjahr 2024 entwickelte das Leitungsteam der Arche dann ein strukturiertes Programm, das jedes Jahr eine weitere Gruppe von Frauen darin schult und begleitet, neue Kleinstgewerbe zu gründen bzw. bestehende auf eine erfolgreiche Basis zu stellen. So sollen die Frauen langfristig genügend Einkommen generieren, um die Kosten für Nahrungsmittel, Miete, Ausbildung und andere grundlegende Bedürfnisse ihrer Familien selbst tragen zu können, anstatt auf Hilfsgüter angewiesen zu sein. Das Programm umfasst Schulungen, Unterstützung bei der Marktanalyse und beim Verfassen eines Business-Plans, Startkapital und wöchentliches Followup durch Janet, die Koordinatorin des Programms. Alle 12 Arche-Mütter der 2024er Gruppe sind noch aktiv in ihren Kleinstunternehmen engagiert.
„Ich bin so dankbar für dieses Programm der Arche-Schule, durch das ich gelernt habe, mein eigenes Geschäft erfolgreich zu starten – ich verkaufe jetzt Bananen, Orangen, Mangos, Zwiebeln und Avocados –, und die nötigen finanziellen Mittel dafür habe ich auch erhalten“, berichtet Caroline. „Jetzt hab ich einen kleinen Raum für uns als Familie gemietet, meine Kinder gehen wieder zur Schule, und wir haben wenigstens zwei Mahlzeiten am Tag. Dank der Betreuung durch Janet weiß ich, wie ich Preise festsetze und wie ich meinen Gewinn kalkulieren kann. Ich bin zuversichtlich, dass das Geschäft mir bald helfen wird, unsere gesamten täglichen Bedürfnisse zu decken und unseren Lebensstandard zu verbessern.“
Auch Hellen, ebenfalls eine alleinerziehende Mutter, ist begeistert: „Ich war eine von den glücklichen Personen, die am Schulungsprogramm teilnehmen durfte. Ich habe gelernt, wie man Buchhaltung macht und mit Kunden umgeht, und mein Geschäft auf eine sichere Basis gestellt. Meine Kinder gehen jetzt regelmäßig zur Schule, und wenn sie nach Hause kommen, dann finden sie Mahlzeiten auf dem Tisch – alles dank eurer Hilfe!“
Das Kleinstunternehmen-Programm ist ein einfaches Konzept – aber es funktioniert. Zentral ist die viertägige „Business“-Schulung, in denen die Frauen Kenntnisse und Fertigkeiten erlernen, um ein kleines Unternehmen zu starten und erfolgreich zu verwalten und weiterzuentwickeln. Später folgt eine weitere Schulung zum „Auffrischen“; auch eine Einheit für psychische Gesundheit wird den Frauen angeboten, da viele unter traumatischen Erfahrungen leiden. Janet besucht jede Geschäftsfrau mindestens zweimal pro Woche, um ihre Bücher und Kosten zu prüfen, Hinweise zur Preisgestaltung und Vermarktung der Produkte zu geben und ihnen zu helfen, tatsächlich Gewinn zu erzielen.
Gemeinsam mit Janet haben die Frauen schon einige Herausforderungen bewältigt – unter anderem die Sprachbarriere, da viele eingewandert sind und sich in der Landessprache kaum verständigen können; hier sind die Schulkinder oft eine große Hilfe. Aber trotz dieser kleinen Hürden ist Janet sehr zuversichtlich über den Erfolg des Programms:
„Aufgrund der Schulungen und den wöchentlichen Besuchen haben wir jetzt 24 aktive Unternehmen, 20 davon führen ihre Buchhaltung schon gut durch, und 19 sind ausgezeichnet in der Vermarktung ihrer Produkte oder Dienste und ziehen neue Kunden an, sodass ihr Gewinn steigt und das Unternehmen wächst. Die Teilnehmer der früheren Gruppe können 60% der Bedürfnisse ihrer Familien selbst begleichen – zum Beispiel eine ausgewogene Ernährung, Schulkosten und Miete – und werden bis Ende dieses Jahres wohl unabhängig sein. Die 2024er-Gruppe hat bereits 45% erreicht, d.h. sie können zu einem Teil das Schulmaterial und Lebensmittel für ihre Familie kaufen und die Miete bezahlen. Sie werden wohl noch bis Mitte nächsten Jahres wöchentliche Besuche benötigen, um vollständig selbstständig zu werden. Da sie alle gute Aufzeichnungen über ihre Ver- und Einkäufe und den Fortschritt ihres Geschäfts machen, können sie in Zukunft auch Darlehen von Banken beantragen.
Insgesamt ist das Betteln stark zurückgegangen; die Familien sind nicht mehr auf Almosen von Freunden oder Nachbarn angewiesen. Auch die häusliche Gewalt hat sich verringert, und die Kinder besuchen zu 100% die Schule. Die Schulung zur psychischen Gesundheit hat außerdem den Frauen geholfen, mit ihrem Umfeld gesunde Beziehungen zu fördern.“
Auch Torsten S., erfolgreicher Geschäftsmann und Mitglied von Helping Hands, der im Frühjahr 2025 einige der Geschäftsfrauen im Rahmen einer privaten Reise persönlich besuchen konnte, ist beeindruckt von den beobachteten Ergebnissen: „Eine Frau mit einem kleinen Gemüsestand hat mir bestätigt, dass sie aus ihrem Einkommen drei Kinder und ein Enkelkind ernährt und Schule und Unterkunft bezahlt. Eine andere Frau hat einen Friseursalon gestartet und viel Potential, Geld zu verdienen, denn ihre Kundinnen scheinen sehr zufrieden zu sein und durch Mundpropaganda bekommt sie neue Kunden.
Insgesamt hat diese Initiative nachhaltig die Lebenssituationen der Familien verändert. Die Frauen sind selbstständig und strahlen ein großes Selbstbewusstsein aus, dass sie ihr Leben selbst managen können. Es ist schön zu sehen, dass das wirklich Hilfe zur Selbsthilfe ist!“
Vierundzwanzig erfolgreiche Geschäftsfrauen … vierundzwanzig Familien, die einen gesunden Alltag erleben dürfen und mit Hoffnung auf Morgen blicken … somit auch fünfzig bis hundert Kinder, die die Schule besuchen und eine echte Chance für die Zukunft haben – das zieht auch Kreise weit über die ursprüngliche Gruppe hinaus. Janet reflektiert: „Wir glauben, dass der Erfolg dieses Projekts diesen Teil des Kariobangi-Slums auf eine neue Ebene bringt und viele Menschen zum Nachahmen animiert. Wir sind sehr dankbar für diese Vision und freuen uns auf die Fortsetzung des Programms.“
Derzeit steht eine neue Gruppe von Frauen in den Startlöchern, um die Schulungen zu beginnen, ihre Geschäftspläne auszuarbeiten und umzusetzen. Aber dieses Mal sind es nicht nur Mütter von Arche-Schülern. Denn schon nach kurzer Zeit hat das Programm über die Schule hinaus Wirkung gezeigt – einige Frauen aus der Community kamen zur Arche und haben gebeten, ins Projekt aufgenommen zu werden. Janet hat bereits mehrere Monate mit ihnen zusammengearbeitet, um Kontakte zu knüpfen und die Frauen auf das Schulungsprogramm vorzubereiten.
Und plötzlich hat das Ziel des Schulungsprogramms sich geöffnet in eine viel breitere Vision: nicht nur einzelne Familien zu bevollmächtigen, sondern einen ganzen Stadtteil nachhaltig zu verändern und einen Ort der Hoffnung zu erschaffen, wo bisher die Hoffnungslosigkeit herrschte.